Kiss (meist stilisiert als KISS) ist eine US-amerikanische Hard-Rock-Band, gegründet 1973 in New York. Mit mehr als 100 Millionen weltweit verkauften Alben zählt die Gruppe zu den erfolgreichsten Rock-Bands.[1]

Geschminkte Gesichter

Die Band-Mitglieder fielen durch individuelle Kostüme auf und zeigten sich bis 1983 in der Öffentlichkeit nur geschminkt, wobei jedes Bandmitglied eine eigene, festgelegte Schminkmaske hatte (The Demon, The Starchild, The Spaceman, The Catman). Die Gesichter waren weiß geschminkt. Die aufgemalten Masken waren schwarz oder silbern (bei Ace Frehley). Peter Criss hatte beispielsweise die Maske einer Katze. Paul Stanley trug neben der plakatweißen Gesichtsgrundierung, die sein kantiges Kinn betonte, stets einen blutrot angemalten Mund und einen schwarzen Stern um das rechte Auge. Auf die Frage, warum sie geschminkt auf die Bühne gegangen seien, sagte Stanley 1994: „Eigentlich nur, weil wir das spaßig fanden. Natürlich schockierten wir die Leute mit diesen wilden Farben im Gesicht. Aber wir lachten darüber. Und bekamen genau die Aufmerksamkeit, die wir wollten.“[2]

Das Design veränderte sich im Laufe der Zeit immer wieder ein wenig. Am auffälligsten veränderte sich wohl Gene Simmons. Peter Criss’ Make-up ist auf dem Cover des Albums Kiss noch deutlich anders zu sehen. Ace Frehleys Make-up veränderte sich hauptsächlich an den Augenbrauen. Das Starchild-Design von Paul Stanley blieb beinahe unverändert (vor dem Starchild-Design gab es anfangs noch das Bandit-Design). Das Fox-Make-up von Eric Carr hatte auch zwei Versionen. Davor gab es das Hawk-Make-up, das er zuerst tragen sollte, von dem aber alle abrieten, denn er würde damit aussehen wie ein Huhn aus der Sesamstraße. Das Make-up von Tommy Thayer hat einige kleine Unterschiede zum Original von Ace Frehley: die Mundform, die silberne Farbe (in Thayers Fall eher grau), die Breite der schwarzen Linien, die Augenbrauen und die fehlende blaue Farbe aus Thayers Gesicht. Auch Eric Singers Make-up hat viele Unterschiede zum Original von Criss: Die Schnurrhaare, die Form der grünen Bereiche bei den Augen und andere kleine Formunterschiede.

Geschichte

Gründungsjahre

Die Ursprünge von Kiss lassen sich zur New Yorker Rock-’n’-Roll-Band Wicked Lester zurückverfolgen. Im Jahr 1972 lernten sich der Grundschullehrer Eugene Klein alias Gene Simmons und der Taxifahrer Stanley Eisen alias Paul Stanley kennen und beschlossen, gemeinsam zu musizieren. Zunächst übernahmen sie in einigen Bands Backing Vocals, bevor sie Wicked Lester gründeten. Simmons und Stanley baten die anderen Mitglieder, die Gruppe zu verlassen, nachdem Epic Records Ende 1972 ein selbstproduziertes Album der Band angenommen hatte. Als diese sich weigerten, verließen sie selbst die Gruppe, im Wissen, dass die restliche Band den Vertrag ohne ihre Songschreiber und Sänger nicht aufrechterhalten konnte.

Nach dem Abgang antwortete Simmons auf eine Suchanzeige im Rolling Stone, in der Schlagzeuger Peter Criss nach einer Band suchte. Nach erfolgreichem Vorspielen stieg Criss bei der Band ein, und im Januar 1973 kam Paul „Ace“ Frehley als Leadgitarrist dazu. Im gleichen Monat benannte man sich fortan in KISS um. Die Namensänderung wird Stanley zugeschrieben, während das Design von Frehley stammte. Der Blitzen ähnelnde Bestandteil „SS“ wurde vielfach als Siegrune interpretiert. Gene Simmons sagte dazu später: „Wir waren keine Nazis. Das hatte nichts mit der SS zu tun. Ich bin schließlich Jude.“[3] Die Verwendung des Logos wurde in Deutschland weder strafrechtlich verfolgt, noch wurde sie gerichtlich verboten. Die spätere deutsche Plattenfirma wollte jedoch „unnötige Schwierigkeiten“ in der öffentlichen Wahrnehmung vermeiden und das Logo abändern lassen. Sie übte daher den entsprechenden Druck auf das Kiss-Management aus, das der Änderung auf den Albencovern der 1980er-Jahre schließlich zustimmte (siehe Kontroverse um das Logo).[4]

Der erste Auftritt unter dem neuen Namen Kiss fand am 30. Januar 1973 vor drei zahlenden Zuschauern im Popcorn Club im New Yorker Stadtteil Queens statt. Im Juni desselben Jahres nahm die Gruppe unter der Federführung des Musikproduzenten Eddie Kramer in den Electric Lady Studios ein Demoband mit den fünf Titeln Deuce, Cold Gin, Strutter, Watchin’ You und Black Diamond auf. Das Band landete schließlich auch bei Neil Bogart von Buddah Records.

Im Sommer 1973 gelang es ihrem neuen Manager Bill Aucoin, Kiss einen Plattenvertrag bei Bogarts neuem Label Emerald City Records (kurz darauf umbenannt zu Casablanca Records) zu verschaffen. Am 10. Oktober 1973 begannen in den Bell Sound Studios in New York die Aufnahmen zum Debüt-Album. Am 31. Dezember 1973 hatten Kiss ihren ersten offiziellen Auftritt in der Academy of Music in New York. Bei diesem Konzert setzte Simmons bei einer Feuerspuckereinlage erstmals versehentlich seine Haare in Brand. Er vermutete, Ursache könne das Haarspray gewesen sein, das er in großen Mengen benutzt hatte.[3]

Am 5. Februar 1974 startete die Band ihre erste Tournee durch Nordamerika im kanadischen Edmonton; am 18. Februar erschien dazu das Debüt Kiss mit den geschminkten Musikern auf dem Cover. Das Album erreichte Platz 87 in der Hitparade.

Während des gesamten Frühlings und Sommers 1974 betrieben Casablanca Records und Kiss Werbung für das Album. Am 29. März 1974 waren Kiss erstmals im US-Fernsehen zu sehen. In der Sendung Dick Clark’s in Concert spielten sie die Titel Nothin’ to Lose, Firehouse und Black Diamond. Am 29. April 1974 traten Kiss in der Mike Douglas Show auf, wo sie Firehouse spielten und ein Interview mit Gene Simmons stattfand.

Im August 1974 flog die Band nach Los Angeles, um dort ihr zweites Album Hotter than Hell aufzunehmen, das am 22. Oktober veröffentlicht wurde. Die einzige Single-Auskopplung aus diesem Album, Let Me Go, Rock ’n’ Roll, war kein kommerzieller Erfolg. Auch das Album kam über Platz 100 in der Hitparade nicht hinaus.

Obwohl es Kiss gelungen war, etwas Bekanntheit zu erlangen, waren Hitparadenerfolge bis 1974 ausgeblieben. So übernahm 1975 Casablanca-Records-Chef Neil Bogart persönlich die Aufgabe, das dritte Album zu produzieren. Er änderte den Sound der Gruppe vom „Garage-Band-Sound“ zu einem sauber durchproduzierten Studioalbum. Das Ergebnis der Arbeit kam unter dem Titel Dressed to Kill im März 1975 heraus. Auf dem Album befand sich das Lied C’m On and Love Me, das ein erfolgreicher Radiohit wurde.

Bühnenshows mit Schminke, Plateaustiefeln und Feuer in den Gitarren

Dressed to Kill erzielte zwar bessere Verkaufszahlen als die beiden Vorgängeralben; es waren jedoch vor allem die exzessiven Live-Auftritte der Band, die Kiss bekannt machten. Zu den Showeinlagen der Gruppe während ihrer Konzerte gehörten das „Blutspucken“ des Bassisten Gene Simmons (das Blut bestand aus einer Mischung von Joghurt und Lebensmittelfarbe) und das ebenfalls von Simmons vorgeführte Feuerspucken. Zu den geschminkten Gesichtern und den langen, schwarz gefärbten Haaren trugen die Bandmitglieder stets aufwändig gestaltete Phantasiekostüme und hohe Plateaustiefel.

Das Instrument des Leadgitarristen Ace Frehley ging während eines Solos scheinbar in Flammen auf (entsprechende Effekte waren in die Gitarre eingebaut); das in die Höhe aufsteigende Podest des Schlagzeugers Peter Criss sprühte Funken. Zu Paul Stanleys Bühnenshow gehörte, unterstützt durch pyrotechnische Effekte, das Zertrümmern seiner Gitarre im Stile Pete Townshends.

Späte 1970er-Jahre

Gene Simmons und Ace Frehley, 1978

Im September 1975 wurde ihr Livealbum mit dem Titel Alive! veröffentlicht. Die meisten Titel des Albums waren während des Auftritts in der Detroiter Cobo Arena aufgenommen worden. Das Livealbum verkaufte sich millionenfach. Es wurde vierfach mit Platin ausgezeichnet und die ausgekoppelte Single Rock and Roll All Nite brachte Kiss erstmals in die Top 40 der Hitparade.

Für das Nachfolgealbum wählte die Gruppe Bob Ezrin als Produzenten aus. Das Resultat dieser Zusammenarbeit war das Album Destroyer, das im März 1976 erschien. Es wurde das kommerziell erfolgreichste Studioalbum von Kiss. Das Cover stammte von Ken Kelly und diente später als Motiv für diverse Merchandising-Produkte, wie T-Shirts, Poster und andere Devotionalien.

Im Oktober 1976 traten Kiss mit den Titeln Detroit Rock City, Beth und King of the Night Time World in der Sendung The Paul Lynde Halloween Special auf.

Im November 1976 erschien Rock and Roll Over und im Juni 1977 Love Gun. Im November desselben Jahres veröffentlichte die Gruppe ihr zweites Livealbum Alive II, das als Doppel-LP erschien und auf der vierten Seite neue Studioaufnahmen enthielt.

In Japan brach Kiss den Besucherrekord für ein Konzert, der bis dahin von den Beatles gehalten wurde. Die Gruppe war auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs. Marvel Comics veröffentlichte zwei Comic-Bände mit der Gruppe als Helden. Es gab Flipperautomaten mit den Konterfeis der Musiker, die Bandmitglieder als Puppen, Schminkutensilien, um sich im Stil der Band zu schminken, Halloween-Masken, Brettspiele und vieles mehr.

Ihre Popularität spiegelte sich auch in den Mitgliederzahlen des offiziellen Fanclubs der Band wider. Inzwischen hatte die Kiss Army eine sechsstellige Mitgliederzahl erreicht.

Im April 1978 erschien mit Double Platinum die erste von zahlreichen Greatest-Hits-Alben der Gruppe.

Bandkrise

Auf dem Höhepunkt ihrer Popularität wuchsen die Spannungen innerhalb der Gruppe. Im September 1978 wurden gleichzeitig Soloalben jedes der vier Bandmitglieder veröffentlicht. Auf diesen Alben hatten die Musiker die Gelegenheit, die jeweiligen musikalischen Vorlieben auszuleben. Frehleys Album war von den vieren das erfolgreichste und brachte den einzigen Radiohit aller vier Projekte hervor: New York Groove (eine Coverversion des gleichnamigen, von Russ Ballard geschriebenen Hits der Gruppe Hello) kam in die Top 20 der US-Charts. Obwohl die zahlreichen Vorbestellungen für die Alben dafür sorgten, dass jede LP es in die Top 50 der Billboard Album Chart schaffte, brachen die Verkäufe sehr schnell ein.

Die Einzelhändler bemühten sich daher, ihre großen Bestände wieder an die Plattenfirma zurückzugeben. Casablanca Records gewährte dem Einzelhandel grundsätzlich eine „100 percent return policy“, was bedeutete, dass Händler nicht verkaufte Ware gegen die volle Preiserstattung zurückgeben konnten – das galt auch für Ware, die Händler als Rabattleistung kostenlos bekommen hatten, sodass man beispielsweise von einer Platte amerikaweit offiziell 750.000 ausgeliefert („verkauft“) hatte, aber eine Mio. Stück zurückbekam – ein dickes Minusgeschäft.[5]

Im Oktober 1978 zeigte NBC einen Fernsehfilm mit dem Titel Kiss Meets the Phantom of the Park (dt. Titel: KISS – Von Phantomen gejagt), bei dem sie sich im Vergnügungspark Six Flags Magic Mountain gegen einen wahnsinnigen Erfinder und von ihm geschaffene KISS-Doppelgänger durchsetzen müssen, um den Park vor dem Untergang zu bewahren. Der Film sollte laut Konzept eine Mischung aus A Hard Day’s Night und Star Wars sein, aber die hohen Erwartungen wurden nicht erfüllt und der Film erntete vernichtende Kritiken. Trotzdem wurde er einer der meistgesehenen Fernsehfilme in den USA im Jahr 1978 und kam in einigen Ländern, u. a. in Deutschland, 1979 sogar in die Kinos.

Im Mai 1979 veröffentlichten Kiss ein neues Album, betitelt Dynasty. Es verkaufte sich ausgezeichnet und wurde mit Platin ausgezeichnet. Aus der LP wurde der Titel I Was Made for Lovin’ You ausgekoppelt. Es wurde die meistverkaufte und erfolgreichste Single der Band und erreichte weltweit die höchsten Plätze der Hitparaden. Das Lied verband den typischen Sound von Kiss mit Elementen der mittlerweile dominanten Discomusik.

Auf Dynasty – wie auch auf dem Nachfolgealbum Unmasked – wurde Peter Criss auf Anweisung des Produzenten Vini Poncia vom Session-Schlagzeuger Anton Fig ersetzt. Poncia war der Meinung, Criss’ Schlagzeugspiel sei qualitativ nicht mehr ausreichend. So spielte er nur beim Titel Dirty Livin’.

Die Tournee zum Dynasty-Album war 1979 ein Zeichen für die sinkende Popularität der Gruppe. War man bislang an ausverkaufte Konzerthallen gewöhnt, spielten Kiss nun häufig in halbleeren Hallen.

Presseerklärung der Phonogram GmbH zur Änderung des Kiss-Logos, August 1980

Bereits kurz nachdem durch Schallplattenverkäufe auch in Deutschland das Logo der Band mit den blitzförmigen Buchstaben „S“ bekannt geworden war, kam Kritik an dessen Gestaltung auf. Der Vergleich mit der von den Nationalsozialisten als Zeichen für die SS verwendeten Sieg-Rune war naheliegend und sorgte für Diskussionen. Ende der 1970er bzw. Anfang der 1980er Jahre gab es Veröffentlichungen seriöser Zeitungen, welche die Band im rechten politischen Lager verortet wissen wollten: Sie beschrieben Kiss als „Brutalorockgruppe,“ die mit „infernalischem Show-Gebaren und faschistischem Gestus bundesdeutsche Teenies im Blitzkrieg eroberten“ (Der Spiegel) oder als „SS-Schergen des Rock n’ Roll(Neue Zürcher Zeitung).[6]

Es wurde Kritik daran formuliert, dass Staatsanwaltschaften und Gerichte scheinbar nicht erkannten, dass Kiss Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendete, was nach § 86a des deutschen Strafgesetzbuches verboten ist. Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main verfolge Anzeigen in diese Richtung erst gar nicht, da „das Logo nicht ganz mit den SS-Runen“ übereinstimme.[6] In Stade und Bremen wurden dagegen Schallplattenläden von der Staatsanwaltschaft aufgefordert, Kiss-Platten mit dem Originallogo der Band aus ihrem Angebot zu entfernen, anderenfalls drohe deren Beschlagnahme.[6]

Anlass für die Berichterstattung des Spiegel war die Tatsache, dass der Ingenieur Ulrich Pakleppa nach einer Kontrolle der Polizei in Darmstadt angezeigt worden war, weil er eine Anstecknadel mit dem Schriftzug „Antifaschistische Aktion stoppt Strauß“ auf schwarz-weiß-rotem Grund getragen hatte. Dabei war der Name des damaligen Kanzlerkandidaten der CDU/CSU mit Doppel-S geschrieben, und diese beiden letzten Buchstaben zu SS-Runen stilisiert worden.[6] Pakleppa erhielt daraufhin einen Strafbefehl über 300 D-Mark, gegen den er Berufung einlegte.[6]

Im August 1980 gab dann die deutsche Plattenfirma Phonogram bekannt, dass die Gruppe in Deutschland künftig ein umgestaltetes Logo für die Vermarktung nutzen werde. Man zeigte sich der Bedeutung des Originallogos als Warenzeichen bewusst, das „in den meisten Ländern nicht inkriminiert“ sei. Der Grund für die Änderung liege „einzig und allein in der kaum bestreitbaren Ähnlichkeit der Schreibweise des ‚alten‘ Logo mit einem NS-Symbol“, und als solches sei es „trotz des völlig anderen Context von verschiedener Seite aufgefasst worden.“[7]

In den Folgejahren bis heute (2019) kam es wiederholt zu Strafanzeigen gegen Menschen, die das Original-Logo öffentlich trugen; die Rechtsprechung kam jedoch wiederholt zu dem Schluss, dass eine Verwechslung zwar nicht auszuschließen, aber auch nicht vorauszusetzen sei. Das Landgericht Berlin stellte dazu 2016 heraus, dass es deutliche Unterschiede in der Gestaltung der Runen zu den Buchstaben gebe: Das Kennzeichen