Die Band bewegte sich nicht nur musikalisch im Spannungsfeld zwischen Punk und Rock, auch ihre Einstellung vor allem gegenüber der Musikindustrie war von einer gewissen Ambivalenz geprägt. Cobain hatte vor allem zu Beginn und vor seiner Karriere das deutliche Ziel vor Augen, Rockstar zu werden. Dennoch nutzte er häufig die Gelegenheit, seine Verachtung gegenüber der Musikindustrie und seinem Publikum auszudrücken. Diese Zwiespältigkeit drückte Cobain im Jahr 1989 mit folgenden, ironischen Worten aus:
„Nirvana bemerken einen Stillstand in der Undergroundszene und Ausverkaufstendenzen an die großen schweinischen Kapitalisten-Major Labels. Aber fühlen wir deshalb eine moralische Pflicht, dieses Krebsgeschwür zu bekämpfen? ÜBERHAUPT NICHT! Wir wollen genauso wie die Bonzen abkassieren.“
Nirvana versuchte oft, mit den herrschenden Konventionen im Musikgeschäft zu brechen und sich als Antiheld zu inszenieren. Bei den MTV Video Music Awards 1992 spuckte Kurt Cobain beim Verlassen der Bühne auf Elton Johns Klavier, wobei er dachte, dass Axl Rose von Guns N’ Roses, mit dem er sich zuvor gestritten hatte, darauf spielen sollte.[45] Bei der Charts-Show Top of the Pops am 27. November 1991 in den BBC-Studios, London interpretierte die Band ihr Smells Like Teen Spirit trotz Halbplaybacks zu einer langatmigen Version. Schlagzeuger und Bassist spielten offensichtlich absichtlich nicht synchron zu der dazu im Studio abgespielten Musik ihres Hits, Cobain fasste seine Gitarre fast nie an, vielmehr umklammerte er sein Mikrofon oder breitete seine Arme aus. Bei zahlreichen öffentlichen Auftritten zerschlug das Trio ihr Equipment, so unter anderem bei MTV Video Music Awards oder Saturday Night Live. Bei TV-Auftritten spielten die Drei oftmals nicht die mit der Regie abgesprochenen Songs, was dazu führte, dass die auf dem Bildschirm eingeblendeten Songtitel nicht zu den gespielten Songs passten.
Das Auftreten Nirvanas wurde jedoch mit jeder Wiederholung bestimmter Showelemente (wie zum Beispiel dem Zerstören) mehr und mehr in Szene gesetzt und ließ die Band selbst inszeniert erscheinen. Der durch diesen Effekt ausgelöste Zwiespalt ist als ein Grund für die Suizidentscheidung Cobains zu nennen, welche er in seinem Abschiedsbrief zuvor wie folgt verfasste:
„Zum Beispiel wenn wir Backstage sind und die Lichter ausgehen und das manische Gebrüll der Menge beginnt, berührt mich das nicht in der Form, in welcher es Freddie Mercury berührt zu haben schien. Er schien die Manie und Anbetung der Fans zu lieben und zu genießen. Das ist etwas, was ich total bewundere und beneide.“
Neben dem kommerziellen Erfolg hatte die Band einen großen Einfluss auf die Musikszene und -industrie und wird teilweise als Sprachrohr einer Generation gesehen.
Die Band hat über 75 Millionen Alben verkauft.[46] Nirvana machte den Indie-Rock Mainstream-fähig und läutete die kurze Blüte des Grunge ein.[47] Tommy Udo attestiert Nirvana im Jahr 2002 in seiner Nu-Metal-Historie Harte Brocken „eine Kombination aus enormen Plattenverkäufen, Kritikerlob und breiter Anerkennung beim Mainstreampublikum“, mit der es Nirvana schaffte, dem „Rock ’n’ Roll […], als er allgemein als abgewirtschaftet galt, neues Leben ein[zuhauchen]“. Entsprechend habe der Tod Kurt Cobains einen Schlusspunkt für den Grunge und eine Zäsur für den Rock im Allgemeinen markiert, da mit dem Debütalbum von Korn der Nu Metal an die Stelle des Grunge tritt. Tommy Udo behauptet weiter, dass Nirvana die Vereinigten Staaten wieder als Zentrum der Rockmusik etablierte.[48]
Die Rock-Hard-Redaktion nennt Nirvana „[die] wichtigste Rockband der 90er Jahre“ und spricht von einem „musikalischen Erbe, das bislang noch keine Band antreten konnte.“[49] Der All Music Guide schreibt:
“Nirvana popularized punk, post-punk, and indie rock, unintentionally bringing it into the American mainstream like no other band before it.”
„Nirvana machte Punk, Post-Punk und Indierock populär, indem sie es unbeabsichtigt in den amerikanischen Mainstream brachten wie keine andere Band zuvor.“
Michael Azerrad spricht sogar von „einer neuen Zeitrechnung“, die mit der Nummer-eins-Platzierung von Nevermind in den Billboard Charts für die Musikindustrie begann: „Alles war ab nun entweder prä- oder post-Nirvana.“ (Michael Azerrad in Come As You Are[50]) Er behauptet weiter, die großen Musiklabel hätten sich nach Nirvana auf Bands mit „längerfristigem Potential“ und eigener Fanbasis konzentriert und weniger versucht, durch Werbung die Verkäufe anzuregen.[50]
Der Rolling Stone listete Nirvana auf Rang 30 der 100 größten Musiker aller Zeiten.[51]
Studioalben