The Rolling Stones ¦ Let It Bleed

CHF 27.00 inkl. MwSt

LP (Album)

Nicht vorrätig

GTIN: 0042288233213 Artist: Genres & Stile: , , ,

Zusätzliche Information

Format

Inhalt

Label

Serie

Release

Veröffentlichung Let It Bleed:

Hörbeispiel(e) Let It Bleed:




Let It Bleed auf Wikipedia (oder andere Quellen):

Let It Bleed (englisch für „Lass es bluten“) ist das achte Studioalbum der britischen Bluesrock-Band The Rolling Stones. In den USA erschien es am 29. November 1969 (London Records) und am 5. Dezember 1969 in Großbritannien (Decca Records). Als Produzent war erneut Jimmy Miller verantwortlich. Es ist das letzte Album, an dem Brian Jones mitwirkte, der jedoch nur auf zwei Songs zu hören ist, da er während der Aufnahmen durch Mick Taylor ersetzt wurde. Let It Bleed erreichte Platz 1 der britischen Charts und wird von vielen Kritikern und Fans als eines der besten Alben der Band angesehen.

Entstehungsgeschichte

Die Aufnahmen fanden von Februar bis Oktober 1969 in den Londoner Olympic Studios statt; lediglich das Lied You Can’t Always Get What You Want war bereits am 16. und am 17. November 1968 aufgenommen worden, also noch vor der Veröffentlichung von Beggars Banquet. Die meisten Gitarrenparts wurden von Keith Richards eingespielt. Der drogengeschädigte Brian Jones war nur noch bei zwei Liedern beteiligt: er spielte die Autoharp bei You Got the Silver sowie die Conga, eine afrikanische Handtrommel, bei Midnight Rambler. Auch sein Nachfolger Mick Taylor war lediglich bei Country Honk und Live with Me zu hören. You Got the Silver war der erste allein von Richards gesungene Titel auf einem Stones-Album. Dieser Song wurde im Soundtrack des Films Zabriskie Point verwendet. Auf Bootleg-Versionen des Albums ist eine Fassung mit Mick Jagger zu hören.

Name

Ursprünglich sollte das Album Sticky Fingers heißen; diesen Titel erhielt dann die LP von 1971.

Gastmusiker

Die Stones wurden bei diesem Album wieder von einer Reihe von Gastmusikern unterstützt; dazu gehörten u. a. Nicky Hopkins und Leon Russell. Der eindringliche Gospel-Gesangspart in Gimme Shelter wurde von Merry Clayton beigesteuert, einer erfahrenen R&B-Sängerin, die bereits mit Darlene Love und Ray Charles Alben eingespielt hatte. Bei Country Honk, einer Country-Version des nur als Single veröffentlichten Honky Tonk Women (übersetzbar als „Spelunken-Weiber“,[1] vgl. dazu auch „Honky-Tonk“), trat der Geiger Byron Berline von den Flying Burrito Brothers als Gastmusiker in Aktion; bei Love in Vain spielte Ry Cooder Mandoline. Der von Al Kooper arrangierte Song You Can’t Always Get What You Want wurde mit dem Londoner Bach-Chor eingespielt. In dieser hymnischen Version des Liedes ist Kooper auch an der Orgel und als Hornist zu hören.

Bei dem Lied Live with Me ist zum ersten Mal auf einer Rolling-Stones-Platte der Saxophonist Bobby Keys zu hören, der ab diesem Zeitpunkt bis zur Veröffentlichung von Goats Head Soup 1973 regelmäßig im Studio und bis zu seinem Todesjahr 2014 bei den Konzerten mitwirkte. Live with Me gilt als erster Rolling-Stones-Titel, bei dem der Einsatz von Blasinstrumenten nicht bloß Beiwerk ist, sondern maßgeblich zum Sound beiträgt.[2]

Cover

Für den Entwurf und die Gestaltung des Covers war der US-amerikanische Grafikdesigner Robert Brownjohn verantwortlich, der für seine Arbeit 1.000 Pfund Sterling erhielt. Auf der Plattenhülle sieht man – in Form eines „Plattenwechslers“ – die bereits heruntergelassene Schellackplatte Let It Bleed, darüber eine Tortenplatte, eine Filmrolle, ein Zifferblatt, eine Pizza und ein Fahrzeugreifen; gekrönt wird das Ganze von einer sahnebedeckten, mit Belegkirschen verzierten Torte, in der Mitte darauf die Nachbildungen der Bandmitglieder im Stile einer Hochzeitskapelle. Für die Herstellung der Torte zuständig war Delia Smith, zu dieser Zeit noch eine unbekannte Verfasserin von Kochrezepten im Daily Mirror, einer englischen Tageszeitung. Später wurde sie in England eine beliebte Fernsehmoderatorin und Kochbuchautorin.[3] Auf der Rückseite der Plattenhülle der gleiche Kuchen: Ein Stück fehlt, die Stones umgestürzt, die Schallplatte zerbrochen. – Im Inneren der Plattenhülle der Hinweis, die Musik laut abzuspielen (“This Record Should Be Played Loud”).

Rezeption

Let It Bleed wird von vielen Kritikern und Fans als eines der besten Alben der Rolling Stones angesehen. Die deutsche Ausgabe des Rolling Stone wählte es im November 2004 auf Platz 13 seiner Liste der „500 besten Alben aller Zeiten“. Die US-amerikanische Ausgabe des Rolling Stone wählte das Album auf Platz 32.[4]

Let It Bleed erreichte in den britischen Charts Platz 1 (14. bis 20. Dezember 1969), in den US-amerikanischen Platz 3. Von dieser LP wurde kurioserweise kein Song als Single ausgekoppelt, obwohl Gimme Shelter oder (das für eine Single allerdings zu lange Blues-Stück) Midnight Rambler durchaus Hit-Qualität hatten – lediglich You Can’t Always Get What You Want erschien, um die Chor-Einleitung gekürzt, als B-Seite auf der am 4. Juli 1969 veröffentlichten Single Honky Tonk Women, die in Großbritannien, den USA, Deutschland und vielen anderen Ländern Platz 1 erreichte.

Live

Alle Stücke des Albums außer Country Honk wurden in Konzerten gespielt. Dabei zählen Gimme Shelter, Midnight Rambler und You Can’t Always Get What You Want zu den am häufigsten gespielten Klassikern. Letzterer Song wurde 2012/13 mit einem Chor aufgeführt, der jeweils aus dem Ort stammte, an dem das Konzert stattfand. Love in Vain gehörte in den Jahren 1969 bis 1972 zum festen Konzertprogramm.

Titelliste

Alle Songs von Mick Jagger und Keith Richards, außer wenn anders angegeben. Die auf der Rückseite der Plattenhülle stehende Reihung der Titel stimmt nicht mit der realen Abfolge überein.

Seite 1:

  1. Gimme Shelter (4:30)
  2. Love in Vain (Robert Johnson) (4:19)
  3. Country Honk (3:07)
  4. Live with Me (3:33)
  5. Let It Bleed (5:27)

Seite 2:

  1. Midnight Rambler (6:52)
  2. You Got the Silver (2:50)
  3. Monkey Man (4:11)
  4. You Can’t Always Get What You Want (7:28)

Texte/Übersetzungen/Noten

  • The Rolling Stones. Songbook. 155 Songs [1963–1977] mit Noten. Deutsch von Teja Schwaner, Jörg Fauser und Carl Weissner. Mit 75 Alternativübersetzungen von Helmut Salzinger. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1977, S. 204–221, 631–662 und 940–942.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. The Rolling Stones. Songbook. 155 Songs [1963–1977] mit Noten. Deutsch von Teja Schwaner, Jörg Fauser und Carl Weissner. Mit 75 Alternativübersetzungen von Helmut Salzinger. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1977, S. 86 f.
  2. Steve Appleford: The Rolling Stones, Rip This Joint. Die Story zu jedem Song („The Rolling Stones – it’s only rock ‘n’ roll“). Rockbuch-Verlag, Schlüchtern 2002, ISBN 3-927638-11-0, S. 88 ff.
  3. Bill Wyman mit Richard Havers: Bill Wymans Rolling Stones Story. Dorling Kindersley (Oktober 2002), ISBN 978-3831003914, S. 357.
  4. Levy, Joe (Hrsg.): Rolling Stone. Die 500 besten Alben aller Zeiten. (Originalausgabe: Rolling Stone. The 500 Greatest Albums of all Time. Wenner Media 2005). Übersetzung: Karin Hofmann. Wiesbaden: White Star Verlag, 2011, S. 51

Artist(s)

Veröffentlichungen von The Rolling Stones die im OTRS erhältlich sind/waren:

Living In A Ghost Town ¦ Let It Bleed ¦ Voodoo Lounge ¦ A Bigger Bang ¦ Some Girls ¦ It’s Only Rock ‘n Roll ¦ Sticky Fingers ¦ Dirty Work ¦ Tattoo You ¦ Emotional Rescue ¦ Black And Blue ¦ Goats Head Soup ¦ A Bigger Bang: Live On Copacabana Beach ¦ Honky Tonk Women ¦ Street Fighting Man ¦ Jumpin' Jack Flash ¦ Gimme Shelter ¦ Paint It, Black ¦ Lady Jane ¦ (I Can’t Get No) Satisfaction ¦ Get Off Of My Cloud ¦ Tell Me ¦ As Tears Go By ¦ The Rolling Stones Rock And Roll Circus ¦ Blue & Lonesome ¦ Get Yer Ya-Ya's Out! ¦ Hot Rocks 1964-1971 ¦ El Mocambo 1977 ¦ More Hot Rocks (Big Hits & Fazed Cookies) ¦ Licked Live In NYC ¦ Singles 1963-1966 ¦ Checkerboard Lounge, Live Chicago 1981 ¦ Sucking In The Seventies ¦ Exile On Main St ¦ Grrr Live! ¦ Aftermath ¦ Between The Buttons ¦ Flowers ¦ Metamorphosis ¦ Hackney Diamonds ¦ Angry ¦ Sweet Sounds Of Heaven ¦ Hackney Diamonds: Live Edition ¦ Live At The Wiltern ¦ Beggars Banquet

The Rolling Stones auf Wikipedia (oder andere Quellen):

The Rolling Stones ist eine 1962 in England gegründete Rockband. Sie zählt zu den langlebigsten[2] und kommerziell erfolgreichsten[3][4] Gruppen der Rockgeschichte. 1989 wurde die Band in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Mit Nummer-eins-Hits in den Jahren 1968 und 2020 sind die „Stones“ in Deutschland die Band mit der längsten Zeitspanne zwischen zwei Hitparadenspitzenreitern.[5] Die Rechte am Markennamen Rolling Stones der Band, oft „Rolling Stones Inc.“ genannt, hält das Unternehmen Musidor B.V.[6][7] Die Musikzeitschrift Rolling Stone listete sie auf Rang vier der 100 größten Musiker aller Zeiten.[8]

Bandgeschichte

Gründung (1962)

Im Oktober 1961 begegneten sich der achtzehnjährige Mick Jagger und der siebzehnjährige Keith Richards zufällig am Bahnhof ihrer Heimatstadt Dartford in Kent. Jagger war auf dem Weg zur London School of Economics und wartete am Bahnsteig auf den Zug, Richards wollte ebenfalls in das etwa 30 Kilometer entfernte London zum Sidcup Art College. Die beiden Teenager kannten sich von gemeinsamen Jahren an der Grundschule, der Kontakt jedoch war mit der Zeit abgebrochen. Da Jagger Schallplatten des US-amerikanischen Bluesmusikers Muddy Waters und des Rock-’n’-Roll-Musikers Chuck Berry unter dem Arm trug und Richards von der zu jener Zeit in Großbritannien relativ unbekannten Musik ebenfalls begeistert war, entwickelte sich eine Unterhaltung.[9] Sie verabredeten sich, um Blues- und Rock-’n’-Roll-Schallplatten zu hören.[10]

Das gemeinsame Interesse an dieser Musik führte in der Folge zu ihrer Freundschaft. In der Freizeit trafen sich Jagger, sein ehemaliger Mitschüler Dick Taylor und Bob Beckwith, um gemeinsam als Little Boy Blue and the Blue Boys[11] zu musizieren.[12] Taylor besuchte auch das Sidcup Art College und kannte ebenfalls Keith Richards.[10] Nachdem Jagger seine Bekanntschaft mit Richards erneuert und erfahren hatte, dass dieser Gitarre spielte,[10] beschlossen er und Taylor, ihn miteinzubeziehen.[12] Zu viert probten sie in den elterlichen Wohnungen die Lieder ihrer amerikanischen Vorbilder.[10]

Um Liveauftritte angesagter Bluesformationen zu sehen, besuchten sie an den Wochenenden Londoner Clubs und waren im April 1962 im Ealing Jazz Club zu einem Konzert der von Alexis Korner geführten Blues Incorporated, der ersten elektrischen Bluescombo des Landes. Da es sich um eine personell völlig offene Formation handelte, jammten Jagger und Richards vor dem Auftritt mit den Musikern auf der Bühne. Dabei zog Brian Jones, der sich damals Elmo Lewis nannte,[13] durch sein Slide-Gitarrenspiel und die damals in Europa wenig bekannte Bottleneck-Technik die Aufmerksamkeit auf sich. Im Gegensatz zu den drei Schülern aus der Vorstadt, die noch bei ihren Eltern wohnten, war der umtriebige Jones als Vater dreier unehelicher Kinder bereits auf sich allein gestellt und hatte durch seine Vaterschaften in seiner Heimatstadt Cheltenham für einen gesellschaftlichen Skandal gesorgt.[14]

Im Mai/Juni 1962 beschloss Jones seinen Ausstieg bei Blues Incorporated und bemühte sich intensiv um die Gründung einer eigenen Rhythm-and-Blues-Band. Auf der Suche nach Gleichgesinnten schaltete er eine Anzeige in der Zeitschrift Jazz Weekly, woraufhin sich der Boogie-Woogie-Pianist Ian Stewart, mit dem er bereits zusammengespielt hatte, anschloss.[14] Jones machte Mick Jagger, den er von gemeinsamen Sessions mit Blues Incorporated kannte, das Angebot, als Sänger in die Band einzutreten. Jagger bekundete Interesse, sofern seine Freunde Keith Richards und Dick Taylor auch dabei sein dürften, worin Jones einwilligte. Taylor wechselte von der Gitarre zum E-Bass, und in den Hinterzimmern Londoner Pubs machten sie sich daran, ein Repertoire an Rhythm-and-Blues-Songs einzustudieren.[14] Die Proben, an denen Brian Jones, Mick Jagger, Keith Richards, Dick Taylor und Ian Stewart sowie wechselnde Drummer, darunter Tony Chapman und Mick Avory, teilnahmen, erfolgten vor allem im Bricklayers Pub in der Nähe der Edith Grove 102, wo Jones, Jagger und Richards sowie James „Jimmy“ Phelge in Wohngemeinschaft lebten.[15]

Erster Auftritt und Bandname

Marquee Club, Upper Saint Martins Lane, Covent Garden, London

Mittlerweile spielte Blues Incorporated zweimal wöchentlich im Marquee Club in der Londoner Oxford Street. Aufgrund von Fernsehaufnahmen bei der BBC musste die Band einen vereinbarten Auftritt absagen, und Alexis Korner vermittelte die Band um Brian Jones (mit Jagger und Richards) als Ersatz. In der Besetzung Mick Jagger (Gesang), Brian Jones (Gitarre), Keith Richards (Gitarre), Dick Taylor (Bass), Ian Stewart (Piano) und Tony Chapman oder Mick Avory (Schlagzeug) traten sie am 12. Juli 1962 erstmals unter dem Namen The Rollin’ Stones auf. Als Vorgruppe für den Bluessänger Long John Baldry spielten sie vor etwa 100 Zuschauern fünf Coversongs.

Inkonsistenzen bestehen hinsichtlich der Besetzung des Schlagzeugers. Während Bill Wyman angibt, Mick Avory (späteres Gründungsmitglied von The Kinks) sei im Marquee der Schlagzeuger gewesen, Keith Richards in seiner Autobiografie sogar ausdrücklich darauf hinweist, dass Avory und nicht wie häufig behauptet Tony Chapman diesen Part übernommen habe, und auch die Band auf ihrer offiziellen Website Avory als Schlagzeuger benennt,[16] erklärte Avory selbst mehrfach, niemals mit den Rolling Stones aufgetreten zu sein, sondern vor dem Konzert im Marquee nur zweimal mit diesen geprobt zu haben. Die Gruppe, so Avory, sei auf der Suche nach einem Schlagzeuger gewesen, doch da er zu diesem Zeitpunkt kein Interesse an einem Einstieg in die Band hatte, habe er letztlich nicht im Marquee gespielt.[1] Chapman jedenfalls war einer von mehreren Schlagzeugern, die 1962 mit den „Stones“ spielten, und Keith Richards bezeichnete ihn 1971 rückblickend als ihren ersten festen, jedoch schlechten Schlagzeuger, der große Schwierigkeiten gehabt habe, das Tempo zu halten.[14]

Hinsichtlich der Auswahl des nach dem ersten Auftritt im Marquee-Club von den Musikern geführten Bandnamens The Rolling Stones (wörtlich übersetzt: ‚Die rollenden Steine‘, sinngemäß ‚Die Landstreicher/Herumtreiber‘) herrscht Uneinigkeit. Folgt man den Ausführungen des späteren Bassisten Bill Wyman, hatte sich der Bandgründer[17] Brian Jones von der Zeile “I’m a rollin’ stone” aus dem Song Mannish Boy von Muddy Waters aus dem Jahre 1956 inspirieren lassen.[18] Keith Richards[19] und Dick Taylor[12] dagegen führen die Wahl auf das ebenfalls von Muddy Waters aufgenommene Stück Rollin’ Stone (bzw. Rollin’ Stone Blues, wie der Titel u. a. auf britischen Schallplatten der 1950er Jahre heißt) zurück.[20] Die in beiden Liedern verwendete Allegorie „rolling stone“, die je nach Kontext sowohl eine positive als auch negative Konnotation haben kann, ging aus dem englischen Sprichwort “A rolling stone gathers no moss” hervor und bezeichnet eine Person mit unstetem Lebenswandel. Zu Beginn nannte sich die Gruppe (unter Auslassung des g) noch „The Rollin’ Stones“, laut Dick Taylor aufgrund ebendieser Schreibung des Waters-Titels Rollin’ Stone Blues.[12]

Etwa zur Zeit ihres ersten Auftritts bezogen Brian Jones, Mick Jagger und Keith Richards mit dem gemeinsamen Freund und Bluesfan James Phelge im Winter 1962 eine schäbige, heruntergekommene möblierte Wohnung in 102 Edith Grove im Stadtteil Chelsea. Während Mick Jagger zunächst weiterhin die London School of Economics besuchte, unternahmen Richards und Jones keine ernsthaften Versuche, in ein bürgerliches Leben einzusteigen: Richards brach die Schule ab, Jones kündigte seine Anstellung in einem Kaufhaus. Die Musiker widmeten sich ausschließlich der Entwicklung der Band und ihren Fertigkeiten an den Instrumenten. Jones brachte Jagger das Spiel an der Mundharmonika bei, die er nun sogar der Gitarre vorzog. Finanziell waren sie so schlecht gestellt, dass sie teilweise Lebensmittel in Supermärkten stahlen.[14][21]

Frühe Umbesetzungen und erste Erfolge (1963/64)

Die Rolling Stones während einer Pressekonferenz (1964)

Da Dick Taylor nicht auf eine Rolle als Bassist festgelegt sein wollte, verließ er im November 1962 die Rolling Stones. Er setzte sein Studium fort, gründete jedoch schon 1963 die Band The Pretty Things.[22] Bevor Schlagzeuger Tony Chapman ebenfalls aus der Band ausschied, vermittelte er den 26-jährigen Bill Wyman als neuen Bassisten, der den „Stones“ am 7. Dezember 1962 offiziell beitrat.[23] Mit seinem selbst modifizierten Vox-AC30-Gitarrenverstärker hob er den Sound der Gruppe auf eine neue Ebene.[24] Nach dem Ausstieg Chapmans umwarb die Band den Jazz-Schlagzeuger Charlie Watts, der kurz zuvor Blues Incorporated verlassen hatte, da er sich als nicht gut genug empfand, um mit solch ausgezeichneten Künstlern zusammenzuspielen. Trotz seiner musikalischen Vorbehalte gelang es vor allem Ian Stewart, den zögernden Watts, der zunächst hauptberuflich als Grafiker weiterarbeitete, im Winter 1962 vom Einstieg in die Band zu überzeugen. Am 12. Januar 1963 traten sie erstmals mit ihrem neuen Drummer im Ealing Jazz Club auf.[22][25]

Ansonsten trat die Band zunächst meist in kleinen Clubs wie Scene und Ricky Tick oder in Pubs wie Red Lion auf.[26] Zwischen Februar und September 1963 ermöglichte dann der Impresario Giorgio Gomelsky, ein aus Georgien stammender Bluesfan, den Rolling Stones ein festes Engagement als Hausband in dem von ihm geführten „Crawdaddy Club“ im Station Hotel in Richmond. Die Gage betrug anfänglich einen Pfund Sterling pro Mitglied. Die Band, nun The Rolling Stones, coverte Songs von Chuck Berry, Muddy Waters, Jimmy Reed, Bo Diddley und Howlin’ Wolf und wurde mit ihren wilden Bühnenauftritten (mit von Gomelsky und seinem Assistenten Hamish Grimes zum Armeschwenken auf den Tischen angefeuertem Publikum[27]) zu einer der zunehmend mehr Publikum anziehenden Livebands der Londoner Musikszene. Am 14. April 1963 besuchten die Musiker der Gruppe The Beatles, die bereits landesweite Charterfolge feiern konnten, einen Auftritt der „Stones“ im Crawdaddy Club und zwischen den Bandmitgliedern entwickelte sich ein freundschaftliches Verhältnis. Während ihres Engagements entwickelten die „Stones“ ihren eigenen, „schwarzen“ und aggressiven Sound, der sich deutlich von der Beatmusik abhob, die damals die britischen Charts dominierte. Rhythmus- und Lead-Gitarre, Harmonika und Gesang waren nicht sauber voneinander zu trennen, die Rhythmusgruppe um Charlie Watts und Bill Wyman bildete das stabile Fundament der Band.

Am 28. April 1963 besuchte Andrew Loog Oldham, der kurzzeitig für den Beatles-Manager Brian Epstein gearbeitet hatte, einen Auftritt der Rolling Stones. Er war beeindruckt und bot ihnen nach dem Konzert an, deren Manager zu werden. Jagger und Richards waren ihrerseits vom Auftreten Oldhams beeindruckt und unterzeichneten einen Vertrag.[28] Darin wurde festgelegt, dass Oldham sich um das Image der Band kümmern sollte und er legte dem im Vergleich zu den anderen Bandmitgliedern etwas bieder wirkenden Ian Stewart nahe, die Band zu verlassen. Sein Äußeres passe nicht zum Image, das ihm für die Stones vorschwebe. Stewart blieb der Band als Tourmanager, Live- und Studiomusiker bis zu seinem Tod 1985 erhalten. Oldham gelang es, die Rolling Stones (von Mick Jagger später als „die Antwort des Südens auf die Rutles“ bezeichnet[29]) als „böse“ Version der Beatles zu inszenieren: Auf Fotos blickten sie grimmig, trugen längere Haare und gaben sich eine Aura der Gefahr und Unnahbarkeit. Verstärkt wurde dieser Eindruck durch ihre laute, vulgäre Bühnenshow, die mit sexuellen Anspielungen aufgeladen war.

Oldham verschaffte den Rolling Stones, die im Frühjahr 1963 Blues Incorporated als führende Band der Londoner Bluesrockszene[30] abgelöst hatten, einen Plattenvertrag bei Decca Records, die kurz zuvor noch die Beatles abgelehnt hatte. Dem Decca-Chef Dick Rowe hatte der Beatles-Gitarrist George Harrison die Rolling Stones als „gute Band“ vorgeschlagen, woraufhin Rowe die Stones im Station Hotel in Richmond, wo sie einen Auftritt hatten, aufsuchte und sie für Decca verpflichtete.[31] Am 7. Juni 1963 erschien mit einer Coverversion von Chuck Berrys Come On auf der A-Seite und I Want to Be Loved von Willie Dixon auf der B-Seite die erste Single der Band. Das Lied Come On erreichte Platz 21 der UK-Single-Charts, und die Rolling Stones traten daraufhin das erste Mal im Fernsehen auf. Da die Band dringend einen eigenen Hit benötigte, wandte man sich an Paul McCartney, der für die Stones I Wanna Be Your Man schrieb.[32] Aufgrund ihrer Freundschaft überließen die Beatles (bzw. John Lennon und Paul McCartney) den Stones diese Komposition, die am 1. November 1963 veröffentlicht wurde. Die zweite Single der Rolling Stones erreichte Platz zwölf der Hitparade.

Aufgrund des beginnenden Erfolgs beendeten die Rolling Stones ihr Engagement als Hausband und begaben sich zwischen dem 29. September und 3. November 1963 auf ihre erste Großbritannien-Tournee (The Rolling Stones British Tour) mit 60 landesweiten Auftritten.

Not Fade Away, eine Komposition von Norman Petty und Buddy Holly, war die nächste Single. Sie wurde am 21. Februar 1964 in Großbritannien herausgebracht und war die erste Veröffentlichung in den Vereinigten Staaten (9. März 1964). Mit The Rolling Stones wurde am 16. April 1964 die erste LP herausgegeben, die in den USA unter dem Titel England’s Newest Hitmakers am 30. Mai 1964 erschien.

Juni 1963 bis Juni 1969: Die Jahre mit Brian Jones

The Rolling Stones, 1965

Am 20. April 1964[33] hatten die Rolling Stones im Rahmen des Rose-d’Or-Festivals im Casino in Montreux ihren ersten Auftritt auf dem europäischen Festland. Neben Petula Clark und anderen Musikern waren sie die Gäste einer dort aufgezeichneten Sondersendung[34] der britischen Fernsehreihe Ready Steady Go.[35] Der Auftritt in der Musiksendung war zugleich der erste Fernsehauftritt der Gruppe überhaupt.

Vom 5. bis 20. Juni 1964 absolvierten die Stones ihre erste USA-Tournee, wobei sie auf dem John F. Kennedy International Airport wie zuvor im Februar The Beatles von kreischenden Fans empfangen wurden und anschließend eine Pressekonferenz gaben. Sie nahmen auch erstmals Songs in den Chess-Studios in Chicago auf[36] und versuchten, den Sound ihrer Blues-Vorbilder einzufangen. Hier lernten sie auch ihr Idol Muddy Waters kennen, während er die Studiodecke strich.[37][38] Die Hälfte der Titel auf der LP 12×5 wurde hier aufgenommen; einer dieser Songs trug den Titel 2120 South Michigan Avenue, die Adresse des Studios.[39] Im Laufe der Jahre 1964 bis 1965 nahmen die Rolling Stones rund zwanzig weitere Songs bei Chess Records auf.[40] Bei dieser Gelegenheit lernte Marshall Chess, der Sohn des Studioinhabers Leonard Chess, der in der Versandabteilung von Chess Records arbeitete, Mick Jagger kennen. Nach seinem Weggang von Chess Records im Jahre 1969 gründete Marshall Rolling Stones Records und war sieben Jahre lang dessen Präsident. Er half dabei, das berühmte Zungen- und Lippenlogo der Rolling Stones zu kreieren und war in den 1970er Jahren als ausführender Produzent an sieben Rolling Stones-#1-Alben beteiligt.[41]

Zum Tourneestart wurde in den USA die Eigenkomposition Tell Me als Single veröffentlicht. Jagger und Richards benutzten als Autoren dafür erstmals das Pseudonym Nanker Phelge.

Ein Auftritt im Konzertfilm über die T.A.M.I. Show im Santa Monica Civic Center trug zum Bekanntwerden der Band in den USA bei.[42]

The Rolling Stones, Oslo 1965

Mit der im Juni 1964 veröffentlichten Single It’s All Over Now gelangten die Stones erstmals in Großbritannien an die Spitze der Hitparade. Eine weitere EP erschien im August 1964 unter dem Titel Five by Five mit folgenden Stücken: If You Need Me, Empty Heart, 2120 South Michigan Avenue, Confessin’ the Blues und Around and Around. In Großbritannien gab es für diese EP 200.000 Vorbestellungen.

Zu Beginn ihrer Karriere konzentrierten die Rolling Stones ihre musikalische Tätigkeit hauptsächlich auf Bühnenauftritte, um ihren Bekanntheitsgrad zu steigern. Dafür bedienten sie sich vornehmlich aus dem Repertoire US-amerikanischer Bluesmusiker wie Muddy Waters, Howlin’ Wolf, Willie Dixon, Robert Johnson, John Lee Hooker und Chuck Berry. In der amerikanischen Musiksendung Shindig trat 1964 auf Wunsch der Rolling Stones auch Howlin’ Wolf auf. Mit Bo Diddley, dessen typischer Beat ein Bestandteil des Sounds der frühen Rolling Stones war, waren sie auch auf Tour gegangen; ebenso mit Little Richard und den Everly Brothers.[43] Aus Gründen der Vermarktung wurden Jagger und Richards von Oldham angehalten, vermehrt eigene Lieder zu verfassen. Anfangs komponierten Jagger und Richards fast ausschließlich Balladen wie As Tears Go By, das, von Marianne Faithfull gesungen, Mitte 1964 zu einem Top-10-Hit in Großbritannien wurde. Dieses Stück wurde 1965 unter dem Titel Con le mie lacrime von den Stones auch auf Italienisch eingespielt und in Italien veröffentlicht.[44]

Die nächste Single, mit dem Bluesstück Little Red Rooster, war eine Coverversion und stammte im Original von Willie Dixon. Es ist geprägt durch das Spiel von Brian Jones auf der Slide-Gitarre und Mick Jaggers Mundharmonika. Ihr erstes selbstverfasstes Lied, das in England die Hitparade anführte, war das im Februar 1965 als Single veröffentlichte Stück The Last Time (geschrieben von Jagger und Richards), das sich allerdings an den Gospel This May Be the Last Time anlehnt, der zuerst 1954 von The Staple Singers aufgenommen worden und 1957 ein großer Hit der Blind Boys of Alabama gewesen war.[45] Mit diesem Titel traten die Stones mit ihrem unverwechselbaren Rhythmus hervor und unterstrichen ihre Fähigkeit, R&B und Pop in attraktiver Art und Weise miteinander zu verschmelzen.

Im Mai 1965 folgte (I Can’t Get No) Satisfaction. Damit schafften die Stones den weltweiten Durchbruch (Platz 1 in Großbritannien und den USA). Mit Satisfaction schufen sie den exemplarischen Poptext schlechthin, das unverkennbare Gitarrenriff zählt zu den bekanntesten der Rockgeschichte.[46] Im selben Jahr erreichte mit Get Off of My Cloud (Oktober 1965) ein weiteres Stück den ersten Platz in den britischen und den US-Charts.

Im Olympia in Paris gastierte die Band am 17. April 1965, am 29. März 1966 und am 11. April 1967. Während eines Aufenthalts in Irland und Nordirland, wo die Rolling Stones am 3. und 4. September 1965 in Dublin und Belfast auftraten, drehte Peter Whitehead den von Andrew Loog Oldham produzierten Dokumentarfilm Charlie Is My Darling, der im Frühjahr 1966 Premiere hatte. Am 11. September 1965 starteten die Rolling Stones ihre erste Deutschland-Österreich-Tournee. Zum Abschluss dieser Tournee kamen am 15. September 1965 22.000 Fans in die Berliner Waldbühne. Nach dem friedlichen Konzert kam es zu einer erbitterten Schlacht zwischen den Musikfans und der Polizei, bei der die Waldbühne stark verwüstet und zahlreiche S-Bahn-Waggons demoliert wurden.[47] Die mit ursprünglich Brian Jones, später Oldham und Jaggers Freundin Chrissie Shrimpton bewohnte Wohngemeinschaft verließen Jagger und Richards 1965, um „ihr erstes eigenes Domizil“ zu beziehen.[48]

Galten die Rolling Stones gegenüber den Beatles vornehmlich als bessere Liveband (und umgekehrt als die schlechtere Studio-Band), so wurde ihnen inzwischen auch im Texten und Komponieren eine ähnliche Qualität wie den Liverpoolern attestiert. Das Album Aftermath aus dem Jahre 1966 enthielt ausschließlich eigene Kompositionen. Die Singles des Jahres 1966 waren 19th Nervous Breakdown aus dem Februar (mit dem seine eigene „Londoner Schickimicki-Mischpoke“ entlarvenden Text von Jagger[49]), Paint It Black (Mai) und Have You Seen Your Mother, Baby, Standing in the Shadow? (September). Im selben Jahr erhielt die Band den Silbernen Bravo Otto der deutschen Jugendzeitschrift Bravo.

Die Rolling Stones waren seit 1963 durchgehend auf Konzertreisen, verbrachten nebenher viele Tage und Nächte in Tonstudios und waren Ende des Jahres 1966 ziemlich ausgebrannt; insbesondere dem gesundheitlich angeschlagenen Brian Jones fiel es schwer, den Weg in dem vorgelegten Tempo mitzugehen. Die Jahre von 1963 bis 1967 markieren den Zeitraum, in dem sich die Stones neben den Beatles als erfolg- und einflussreichste britische Popband etablierten.[50]

Rolling Stones, 1967
Gitarrist Brian Jones (1967)

Im Januar 1967 wurde Let’s Spend the Night Together mit der Rückseite Ruby Tuesday herausgebracht. Das im selben Monat veröffentlichte Album Between the Buttons erreichte in Großbritannien Platz 3 und in den USA Platz 2 der Charts. Die europäische Fassung enthielt die beiden Stücke nicht, stattdessen jedoch die Ballade Back Street Girl und Please Go Home. Als die Stones 1967 einen Auftritt in The Ed Sullivan Show hatten, sollten sie aus Rücksichtnahme auf die moralische Haltung der US-Amerikaner den Text der Single in “Let’s Spend Some Time Together” ändern, womit sich Mick Jagger einverstanden erklärte.[51]

In Keith Richards’ Landhaus Redlands in Sussex fand am Wochenende 11./12. Februar 1967 eine Party statt, an der unter anderem der Fotograf Michael Cooper, der Kunsthändler Robert Fraser, der Antiquitätenhändler Christopher Gibbs, Charlie Watts, George Harrison und Pattie Boyd sowie Mick Jagger und Marianne Faithfull (in den Medien zu dieser Zeit auch „Miss X“ genannt) teilnahmen (Zum Gefolge der Rolling Stones sollen Drogenhändler, radikale Aktivisten wie „Michael X“ und Schläger aus dem Umfeld der Kray-Zwillinge gehört haben). Der Rolling-Stones-Biograf Tony Sanchez (genannt „Spanish Tony“) soll dabei als Drogenkurier fungiert haben.[52] Nachdem Harrison und Boyd die Party verlassen hatten, fand eine Razzia statt. Bei Jagger fand man in England verbotene Amphetamine, die ein Arzt während eines Aufenthaltes in Italien seiner Freundin Marianne Faithfull verschrieben hatte. Richards wurde wegen Duldung des Konsums von Rauschmitteln in seinem Haus angeklagt. Beiden drohten mehrjährige Haftstrafen.

Aufgrund eines vom Herausgeber der Times William Rees-Mogg verfassten Zeitungsartikels (Who breaks a butterfly on a wheel?) schlug die Meinung um, sodass lediglich Geldstrafen ausgesprochen wurden. Mick Jagger verbrachte zu Beginn der Ermittlungen eine Nacht im Gefängnis. Die Rockband The Who zeigte sich solidarisch, indem sie die Stones-Songs The Last Time und Under My Thumb aufnahm und als Single veröffentlichte. Im Mai 1967 wurde Brian Jones verhaftet; bei ihm fand die Polizei Tabletten, Marihuana und Kokain-Spuren. Mit der Auflage, sich in professionelle Hilfe zu begeben, wurde er gegen eine Kaution freigelassen.[53]

Zwischen den Verhaftungen und Gerichtsverhandlungen bis zum Drogenmissbrauchsprozess im Juni 1967 in Chichester[54] gingen die Stones auf eine weitere Europa-Tournee (25. März bis 17. April 1967), in deren Verlauf sie zum zweiten Mal in Deutschland und Österreich sowie zum ersten Mal im Rahmen einer Tournee auch in der Schweiz auftraten. Beim Konzert in Zürich zertrümmerten Vandalen das Mobiliar. Stücke, die auf den US-Veröffentlichungen von Aftermath und Between the Buttons nicht enthalten waren, drei neue Lieder (My Girl, Ride on Baby und Sittin’ on a Fence) sowie einige Singles befinden sich auf dem Album Flowers, das im Juli 1967 herausgegeben wurde.

Im August 1967 veröffentlichten die Stones We Love You („Wir lieben Euch“). Der Song beginnt mit Schritten und dem Geräusch einer zufallenden Gefängniszellentür sowie einem Piano-Intro von Nicky Hopkins, der bis 1981 regelmäßig Teil der Bandbesetzung wurde. John Lennon und Paul McCartney wirkten im Backgroundchor mit. Offiziell wurde verkündet, dass es sich bei dem Song um einen Dank der Stones an ihre Fans handele. Wahrscheinlich verhöhnten sie mit We Love You jedoch wohl eher die einschlägige Boulevardpresse, die sich an den Razzien und Verhaftungen ergötzte. Beeinflusst von Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band der Beatles und dem Zeitgeist folgend nahmen die Stones ein psychedelisch geprägtes Album auf: Their Satanic Majesties Request (Dezember 1967).

Jumpin’ Jack Flash, erschienen im Mai 1968, wurde ein weiterer Hit für die Stones. Ende 1968 wurde Beggars Banquet veröffentlicht. Die LP enthält Country Blues, Rhythm and Blues und Rock. Im Dezember 1968 fand in London der Rolling Stones Rock and Roll Circus statt. Es handelte sich dabei um eine Show, die für das Fernsehen aufgezeichnet wurde. Zum R&R-Circus luden die Stones unter anderem John Lennon, Eric Clapton, The Who, Jethro Tull und Taj Mahal ein. Die Show wurde durch Feuerschlucker und Artisten ergänzt. Die Rolling Stones entschieden sich gegen die Ausstrahlung der Sendung, da sie mit ihrem eigenen Auftritt nicht zufrieden waren. Erst 1995 wurde das Projekt auf CD und DVD veröffentlicht.

Aufgrund der persönlichen Probleme von Jagger, Richards und insbesondere Brian Jones, der infolge seines starken Drogenkonsums schon länger körperlich in keiner guten Verfassung mehr war, hatten die Stones bereits seit 1967 kein Konzert mehr gegeben. Der vorbestrafte Jones verließ die Band, die bereits mit Mick Taylor einen Ersatz gefunden hatte, am 8. Juni 1969 auf Drängen von Jagger und Richards. Er erhielt eine Abfindung und plante, eine neue Band zu gründen, doch dazu kam es wegen seines unerwarteten Todes wenige Wochen später nicht mehr.

Juli 1969 bis 1974: Die Jahre mit Mick Taylor

Am 3. Juli 1969 ertrank Brian Jones unter bis heute ungeklärten Umständen in seinem Swimming-Pool. Die offizielle Todesursache lautet nach den damaligen Ermittlungen „Tod durch Unfall“.[55] Immer wieder kamen seitdem Gerüchte um einen gewaltsamen Tod auf; unter anderem führen verschiedene Publikationen angebliche Indizien an, denen zufolge der von Brian Jones beschäftigte Bauleiter Frank Thorogood unter Verdacht geriet, Jones umgebracht zu haben.[56]

Mick Taylor, San Francisco 1972

Das zwei Tage später zur Einführung des neuen Gitarristen Mick Taylor – er kam von John Mayalls Bluesbreakers – geplante Free Concert im Londoner Hyde Park wurde zur Gedenkveranstaltung für Jones. Vor etwa 250.000 Menschen trug Jagger im Gedenken an ihn das Gedicht Adonais, eine Totenklage für John Keats von Percy Bysshe Shelley, vor, ließ hunderte von Schmetterlingen in die Nachmittagssonne aufsteigen und sang zum ersten Mal live den neuen Nummer-eins-Hit der Stones: Honky Tonk Women. Das Konzert und zugleich das bis dahin größte Rockevent Großbritanniens am 5. Juli 1969[57] wurde organisiert von Blackhill Enterprises, Stage-Manager war Sam Cutler, der die Stones als „the greatest rock & roll band in the world“ ankündigte, was während der nachfolgenden 1969er US-Tour beibehalten wurde und der Band als Etikett bis heute anhängt.[58][59] Nachdem sie im Oktober noch in der Villa Oriole House von Stephen Stills im Laurel Canyon gewohnt und geprobt hatten, zogen sie nach Burbank auf das Warner-Brothers-Gelände um, wo sie zur Vorbereitung ihrer von Cutler organisierten USA-Tour eine große Halle bezogen.[60]

Im November 1969 wurde Let It Bleed als Nachfolgealbum von Beggars Banquet veröffentlicht. Im selben Monat begann nach zweieinhalbjähriger Bühnenabstinenz eine erfolgreiche USA-Tournee, zu der die Stones von Los Angeles aus starteten. Die Tournee begann in Colorada, wo Mick Taylor die zweite Gitarre, Bobby Keys, der die Stones seit ihrer ersten US-Tournee 1964 kannte, Saxophon spielte und Cutler die Gruppe als „größte Rock 'n' Roll-Band der Welt“ ankündigte.[61] Das Album Get Yer Ya-Ya’s Out! beinhaltet Live-Aufnahmen dieser Tournee aus New York. Die Eindrücke dieser Tournee wurden durch die Ereignisse auf dem nordkalifornischen Altamont Free Concert vom 6. Dezember 1969 getrübt. Bei diesem kurzfristig umorganisierten Konzert, zu dem etwa 300.000 Menschen kamen und an dem auch Jefferson Airplane, Santana, Crosby, Stills, Nash & Young und die Flying Burrito Brothers teilnahmen, starben vier Menschen. Der 18-jährige Meredith Hunter wurde von einem der als Ordner engagierten Hells Angels direkt vor der Bühne, in Notwehr, erstochen. Er soll mit einer Pistole in Richtung der Bühne gezielt haben. Dieser Vorfall wird im Rückblick als ein Wendepunkt in der Geschichte der überwiegend friedvollen Love-and-Peace-Generation betrachtet. Seither ist es bei vielen Konzertveranstaltungen üblich geworden, diese durch Security-Personal zu sichern.[62] Ein Film über die am 26. Juli im Madison Square Garden in New York endenden USA-Tournee wurde durch Albert und David Maysles gedreht und kam unter dem Titel Gimme Shelter in die Kinos.

Zu Beginn der 1970er lief der Plattenvertrag der Band mit Decca Records aus, gleichzeitig trennten sie sich von ihrem Manager Allen Klein. Die Rechtsstreitigkeiten über die Vertragsauflösung mit ihm zogen sich in der Folge über viele Jahre hin. Tatsächlich waren die Rolling Stones in dieser Zeit finanziell schlecht gestellt, da Decca die Rechte an allen bis dahin veröffentlichten Stücken besitzt. Finanzberater der Rolling Stones war der Privatbankier Rupert Prinz zu Löwenstein, den Jagger in London über seine gesellschaftlichen Beziehungen kennengelernt hatte. Aufgrund der ab Frühjahr drohenden hohen Steuerbelastungen in Großbritannien, falls die Musiker sich mehr als 90 Tage pro Jahr in England aufhalten würden, verlegten die Musiker auf Anraten Löwensteins ihre Wohnsitze nach Südfrankreich und gründeten ihr eigenes, mit Hilfe von Marshall Chess (Sohn von Leonard Chess) aufgebautes Plattenlabel Rolling Stones Records[63] – mit der inzwischen weltbekannten roten Zunge als Markenzeichen, die entgegen landläufiger Meinung nicht von Andy Warhol, sondern von John Pasche entworfen wurde. Auf die Idee mit dem Zungen-Motiv kam Sänger Mick Jagger, der von einer Darstellung der hinduistischen Gottheit Kali inspiriert wurde, die aus ihrem Mund eine rote Zunge herausstreckt.[64] Die Stones-Zunge, die ein Symbol der Rebellion und des Anti-Establishments ist,[65] wurde zum ersten Mal 1971 auf der Innenhülle des von Kritikern gelobten Albums Sticky Fingers veröffentlicht.[66] Im Laufe der Jahre sollten diverse Abwandlungen des ursprünglichen Designs zum Einsatz kommen. Durch das eigene Plattenlabel wurde eine größere Unabhängigkeit von den großen Plattenfirmen erreicht und die Rechte aller folgenden Veröffentlichungen lagen bei der Band selbst, wodurch sich die finanzielle Lage der fünf Musiker, vor allem aber der beiden Songschreiber Jagger und Richards, schnell verbesserte.

Für neue Impulse sorgte der mittlerweile fest in die Band integrierte Mick Taylor. Die fünf Jahre, in denen er Mitglied der Band war, gelten heute vielfach als die musikalisch beste Phase der Rolling Stones.

Im Keller der von Keith Richards gemieteten Villa Nellcôte im südfranzösischen Villefranche-sur-Mer begannen wenig später die Aufnahmen zum Doppelalbum Exile on Main St, das im folgenden Jahr in Los Angeles fertiggestellt und veröffentlicht wurde. Von Kritikern zunächst geringgeschätzt, erlangte dieses Album später allgemeine Anerkennung als eines der besten Rolling-Stones-Alben. Das amerikanische Musikmagazin Rolling Stone führt es auf Platz sieben seiner Liste der 500 besten Alben der Musikgeschichte.[67] Die Berichte über die Entstehung des Albums im Exil, die Aufnahmebedingungen und Gerüchte rund um das Leben in Nellcôte trugen zur Mythosbildung um die Band bei.

Die Tourneen der Jahre 1972 (Nordamerika) und 1973 (Europa, Australien, Asien) knüpften an den Erfolg des Doppelalbums an. Auf der bis 26. Juli 1972 absolvierten Nordamerika-Tournee (genannt auch S.T.P. für „Stones Touring Party“[68])[69] wurde in den texanischen Städten Fort Worth und Houston der mit Quadrophonietechnik aufgenommene Konzertfilm Ladies and Gentlemen, the Rolling Stones gedreht. Er kam am 1. März 1974 in die Kinos. Ein anderer, von Mick Jagger in Auftrag gegebener Film, Robert Franks Dokumentation Cocksucker Blues, wurde nicht für das breite Publikum veröffentlicht, da er das Tourneeleben ungeschminkt mit Sex- und Drogenszenen zeigt und die Band fürchtete, er könnte zukünftige Einreisen in die USA gefährden. Jagger ging deshalb vor Gericht, mit dem Resultat, dass der nach Jaggers nie veröffentlichter Decca-Single mit einer akustischen Folknummer benannte Film laut Urteil nur wenige Male jährlich in Anwesenheit des Regisseurs vorgeführt werden darf.[70] Ein Teil des Filmmaterials von Cocksucker Blues wurde für Ladies and Gentlemann, the Rolling Stone verwendet. Eine geplante Reportage (It Will Soon Be Here) über die von ihm bei ihrer USA-Tournee 1972 begleiteten Rolling Stones für den Rolling Stone bzw. (von Century Fox verfilmter) Roman über die Stones (Erhörte Gebete) von Truman Capote kamen nicht zustande.[71]

Am 18. Januar 1973 gaben die Stones im Forum in Inglewood (Kalifornien) ein Benefizkonzert für die Opfer des Erdbebens 1972 in Nicaragua.

Da Keith Richards wegen Drogen in Konflikt mit dem Gesetz geraten war, verbot die französische Regierung den Rolling Stones während ihrer Europa-Tournee die Einreise nach Frankreich. Die Band gab daraufhin am 17. Oktober 1973 eines von zwei Konzerten in Brüssel speziell für die französischen Fans. Diese konnten mittels von RTL Radio gemieteten Sonderzügen in die belgische Hauptstadt reisen. Für ein Live-Album erstellte Aufnahmen der beiden Auftritte erschienen offiziell erst im November 2011 unter dem Titel